Aufgaben der WEG-Verwaltung

Langfassung über die Aufgaben einer ordnungsgemäßen WEG-Verwaltung, hergeleitet aus den Gesetzen

Im Gesetz gibt es weder eine klare Beschreibung, was unter "Verwaltung" zu verstehen ist, noch ist festgelegt, wann eine Verwaltungsmaßnahme als "ordnungsgemäß" anzusehen ist. Es handelt sich bei dem Begriff "ordnungsmäßiger Verwaltung" um einen sogenannten "unbestimmten Rechtsbegriff". Unternehmen wir also den Versuch einer Klärung.

Im WEG selbst finden sich erste Hinweise:

  • In § 21 Abs. 5 WEG sind beispielhaft Maßnahmen aufgeführt, die auf jeden Fall ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen (siehe dort).
  • Aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG und § 21 Abs. 5 WEG ergibt sich, dass als ordnungsgemäß angesehen werden kann, was dem geordneten Zusammenleben nützt.
  • Auch kann § 15 Abs. 3 WEG sowie § 21 Abs. 5 WEG entnommen werden, dass eine Maßnahme ordnungsgemäß ist, wenn sie der Beschaffenheit der Wohnungsanlage und dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht.

Verlangt werden kann eine bestimmte Verwaltung(smaßnahme) weiterhin dann, wenn sie

  1. entweder den Vereinbarungen der Wohnungseigentümer

        oder

  1. den Beschlüssen der Wohnungseigentümer

entspricht, § 21 Abs. 4 WEG.

Was ist unter "Verwaltung" genau zu verstehen?
Wann kann von "ordnungsgemäßer Verwaltung" gesprochen werden?
Und wann liegt eine Verwaltungsmaßnahme "im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer" vor?
Und was überhaupt ist "billiges Ermessen"?

Zur Verwaltung gehören alle Entscheidungen und Maßnahmen, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen und im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer erforderlich sind.1 Dies können neben Maßnahmen der Geschäftsführung auch Maßnahmen sein, die auf eine Änderung des bestehenden Zustandes abzielen.

Im Interesse aller Eigentümer (der Gesamtheit) liegt eine Maßnahme dann, wenn sie bei objektiv vernünftiger Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls nützlich ist.2

Die Eigentümer haben bei der Entscheidungder Frage, was sie als nützlich ansehen, einen gewissen Spielraum, das sogenannte Ermessen. Beschränkt ist dieser Spielraum durch die "Billigkeit". "Billig" ist eine Verwaltungsmaßnahme, die den Umständen des Einzelfalls angemessen Rechnung trägt und berücksichtigt, was in vergleichbaren Fällen üblich ist. Es ist eine Kosten-/Nutzen-Analyse vorzunehmen. Die möglichen Risiken oder Belastungen des geplanten Vorhabens sind also mit dem Nutzen der Maßnahme abzuwägen.3

Allgemein ausgedrückt entsprechen also diejenigen Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung, die ein

  • objektiv,
  • vernünftig und
  • wirtschaftlich

denkender Wohnungseigentümer ergreifen würden, um die Tauglichkeit und den Wert der Wohnungseigentumsanlage zu erhalten oder zu verbessern und um ein geordnetes und friedliches Zusammenleben zu gewährleisten.4

Dabei spielen auch die Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums und die konkrete Situation der Wohnungseigentümergemeinschaft eine wesentliche Rolle. Bei der Beurteilung, ob eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, ist also der jeweilige Einzelfall stets genau zu betrachten.

Die Wohnungseigentümer können mehrheitlich aber nur eine ordnungsgemäße Verwaltung beschließen.5 Das bedeutet, dass ein Beschluss, der lediglich mehrheitlich gefasst wurde, aber nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, rechtswidrig und damit anfechtbar ist. Dass eine mehrheitliche Beschlussfassung nicht dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, führt nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses, es sei denn, der Beschluss ist aus anderen Gründen nichtig. Das hat zur Folge, dass ein Mehrheitsbeschluss, der zwar ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht, aber nicht rechtzeitig angefochten wird, bestandskräftig wird und dann von allen WohnungseigentümerInnen zu befolgen ist.

Das Ermessen im Wohnungseigentumsrecht wurde für zahlreiche Einzelfälle von der Rechtsprechung überprüft und in der Literatur besprochen. Herausgebildet haben sich in der Verwaltungspraxis mit der Zeit die sogenannten "Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung".6

Beispiele:

  • Bei der kaufmännischen Verwaltung ist bei den einzelnen Entscheidungen der Grundsatz der kostenbewussten und sparsamen Wirtschaftsführung zu beachten.
  • Bei sonstigen Verwaltungsmaßnahmen darf jedoch der Anspruch auf einen üblichen Wohnkomfort nicht aus Sparsamkeitsgründen beschränkt werden.
  • Es ist stets der haushaltsrechtliche Grundsatz der Deckung von Ausgaben und Einnahmen einzuhalten. Hier liegt der Grund dafür, dass bei geplanten Verwaltungsmaßnahmen stets die Kostenregelung zwingend mit zu beschließen ist.
  • Bei technischen Maßnahmen sind die aktuellen anerkannten Regeln der Technik zu berücksichtigen.
  • Versicherungen sind in regelmäßigen Abständen auf ihre Bedingungen zu überprüfen.

Kommt es im Rahmen eines Beschlussanfechtungsverfahrens (Anfechtungsklage) zu einer gerichtlichen Überprüfung der ordnungsmäßigkeit des Mehrheitsbeschlusses, so ist für die Beurteilung der Zeitpunkt der Beschlussfassung und der Erkenntnisstand der der Wohnungseigentümergemeinschaft ausschlaggebend.

Weder können spätere Erkenntnisse eine ordnungsgemäße Maßnahme zu einer ordnungswidrigen machen, noch kann eine zum Zeitpunkt der Beschlussfassung ordnungswidrige durch neue Erkenntnisse später ordnungsgemäß werden.7


Gerichtsentscheidungen, die sich mit der Frage befassen, ob ordnungsgemäße Verwaltung vorliegt:

  • OLG Düsseldorf Beschluss vom 23.09.2008 - I-3 Wx 272/07
    • Unklare Eigentümerbeschlüsse (mangelnde Bestimmtheit) widersprechen dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung
  • BGH - Urteil vom 04.12.2009 - V ZR 44/09
    • Keine ordnungsgemäße Verwaltung, wenn Verwaltungsbeirat entlastet wird, obwohl Ansprüche gegen den Verwaltungsbeirat in Betracht kommen
  • BayObLG -Beschluss vom 28.07.2004 - 2Z BR 043/04
    • Beschlussfassung ohne ausreichende Entscheidungsgrundlage widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung
  • OLG Düsseldorf Beschluss vom 18.01.1999 - 3 Wx 394/98
    • Bei Sanierungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum kann eine Beschlussfassung, die über die Mindestsanierung hinaus geht, aber jedenfalls nicht unvertretbar ist, ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Fundstelle: NZM 1999, Heft 16, S. 766
  • OLG Düsseldorf - Beschluss vom 15.3.2002 - 3 Wx 13/02)
    • Zum ordnungsgemäßen Auswahlermessen der Eigentümer bei modernisierender Instandsetzung
  • OLG Düsseldorf - Beschluss v. 27.5.2002 - Az.: 3 Wx 40/02
    • Modernisierende Instandsetzung und Ermessen der Gemeinschaft bei der Auswahl der in Betracht kommenden Maßnahmen bei mehreren gleichwertigen Lösungen

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1 BGH V ZR 118/91

2 OLG Hamburg - 04.08.2002 - 2 wx 30/03

3 BayObLG -Beschluss vom 28.07.2004 - 2Z BR 043/04

4 Vgl. Bub, Wohnungseigentum von A - Z, S. 703

5 Kahlen in Schmid/Kahlen, Wohnungseigentumsgesetz 2007, § 21 Rn. 56 und 85ff.

6 Vgl. hierzu Bub, Wohnungseigentum von A - Z, 7. Aufl., 704

7 KG Berlin - Beschluss vom 25.02.2004 - 24 W 285/01